03.04.2019 „Gelingt Deutschlands Energiewende?“

Der Solarverein Rems-Murr e.V. in Kooperation mit der Energiegemeinschaft Weissacher Tal e. G. und dem LNV-Arbeitskreis Rems-Murr-Kreis lud am 3.4.2019 zu Vortrag und Diskussion von Prof. Staiß mit dem Thema „Gelingt Deutschlands Energiewende“ ein.  Prof. Staiß ist Geschäftsführender Vorstand des Zentrums für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZWS). Darüberhinaus ist er beratend für die Bundes- und Landes-Regierung tätig.

Begrüßt wurden alle Anwesenden von Frau Hanne Barth, Vorsitzende des Solarvereins Rems-Murr. Sie drückte Zweifel daran aus, ob der Zeitverlust bei der Energiewende (EW) noch aufzuholen ist und sprach sich für eine CO2-Steuer aus.

Prof. Staiß begann dann damit, daß das Ziel, die EW, klar sei, der Weg dahin wie durch ein Labyrinth aber noch nicht. Auch er hielt eine CO2-Bepreisung wie Kretschmann für unbedingt notwendig, um die Ziele des Klimaabkommens von Paris zu erreichen, den Anstieg der Erdtemperatur möglichst auf 1,5 Grad C zu begrenzen. Der Treiber des internationalen Klimaschutzes sei nicht nur „Grüne Politik“, sondern einfach nur ökonomische Rationalität. Dies  wurde an den Beispielen der Wind- und Solar-Energie aufgezeigt. So fielen beim Photovoltaikstrom innerhalb von 10 Jahren in den USA die Kosten in Großanlagen von 20 auf 2 ct/kWh! Auch in Deutschland fielen diese Kosten inzwischen auf unter 5 ct/kWh, so daß die EnBW inzwischen Solaranlagen ohne jede staatliche Inanspruchnahme baut. Ähnlich ist die Situation auch im Windenergiebereich. So sind heute an guten Standorten Sonne und Wind kostengünstigste Stromerzeugungs-Optionen. Die Ökonomische Rationalität treibt den Klimaschutz, deshalb es vielfach zu Desinvestitionen bei Fossilen Energien von vielen Unternehmen und Institutionen kommt wie z. Bsp. bei der Allianz-Versicherung, weil Fossile Energien keine Zukunft mehr haben. Wir in Deutschland, vor allem die kleinen Strombezieher, haben sehr viel dazu beigetragen und damit die Lernkurve der Welt bezahlt!

Die globale EW läuft, aber zu langsam. 2018 war das Rekordjahr bei den Treibhausgasemissionen. Das 1,5-Grad-Ziel kann eigentlich abgeschrieben werden, für das verbleibende CO2-Budget für das 2-Grad-Ziel haben wir bei gleichbleibenden aktuellen Emissionen noch etwa 26 Jahre Zeit. Wir stehen an einem Scheideweg der Geschichte (Greta Thunberg), die Einsicht wächst langsam, aber getan wird viel zu wenig, vor allem auch in Deutschland, das von einem früheren Treiber der EW  jetzt zu einem Bremser der EW geworden ist. Die Klimaschutzziele der EU sind deutlich höher als unsere jetzt, damit treibt uns die EU. Die Schrittgeschwindigkeit der EW muß nach Meinung von Prof. Staiß mindestens verdreifacht werden. Die Ziele der Bundesregierung werden aber in der Mehrzahl der Bereiche in nächster Zeit nicht erreicht. So gibt es größte Widerstände beim Zurückfahren der Kohleverstromung, was leicht möglich wäre, da wir ununterbrochen etwa ein Zehntel unserer Stomproduktion exportieren, was früher auch nicht so war. Damit machen die Stromkonzerne dauernd ein gutes Geschäft ohne jede Rücksicht auf den Klimawandel. Nach Meinung von Prof. Staiß sollten die Betreiber der großen Fossilen Kraftwerke keine von ihnen agressiv geforderte Entschädigung erhalten für die Stilllegung, weil sie lange Zeit genug hatten, sich darauf einzustellen. Falls die Bundesregierung die EW weiter abbremst, wird es auf Grund von Verordnungen der EU zu großen Stafzahlungen für Deutschland kommen, da wäre es doch besser, diese Summen gleich in eine Beschleunigung der EW zu investieren und alle Handlungsfelder (Strom, Wärme, Mobilität) energisch voranzutreiben.

Die Akzeptanz der EW ist sehr groß, 90 % der Bevölkerung ( +2 % ggü. Vorjahr) befürworten die EW. Mit der Bundesregierung sind in diesem Bereich die meisten unzufrieden, vor allem geht es zu langsam, um das Klima zu schützen. Auch bleibt die soziale Gerechtigkeit auf der Strecke. Die Kompetenzwerte der Grünen sind bei der EW mit 27 % am höchsten, sehr enttäuschend sind die hier Werte aller anderen Parteien, insbesondere der CDU mit 9 % und vor allem mit nur 5 % bei der SPD massiv enttäuschend und eine Schande für diese Partei. 

Die Chancen der EW sind groß, da Deutschland als Exportweltmeister im internationalen Wettbewerb sehr gut aufgestellt ist. Die EW ist ein Innovationstreiber par excellance, aber ohne eine erfolgreiche EW könnte Deutschland im internationalen Wettbewerb sehr zurückfallen. Die technischen Fragen der EW sind weitgehend gelöst, die soziale Verteilungsfrage der EW wird in Zukunft immer wichtiger werden.

Dr. med. Horst Klett